Siebenbürgisches Museum

Vier Jahrhunderte Kunst ansprechend verteilt auf 400 Quadratmeter Schloss

Gundelsheim. „Man entdeckt in der neuen Gemäldegalerie des Siebenbürgischen Museums eine völlig neue Kulturregion mit vielen Künstlerinnen und Künstlern, die man hier nicht kennt. Es ist nicht das Ewiggleiche zu sehen. Es gibt starke Anklänge an die europäische Kultur, aber auch spezifisch siebenbürgische Facetten und Anklänge.“ Mit dieser Kernbotschaft bringt es Museumskurator Markus Lörz auf den Punkt, was es auf Schloss Horneck seit Ende Juli zu sehen gibt – und zwar ziemlich exklusiv außerhalb Rumäniens.

Siebenbürgisches Museum

Als eine Art „kulturelles Gedächtnis“ wurde das Museum bereits während des abendfüllenden Festakts mit vielen Gästen aus Deutschland und Rumänien bezeichnet. Mit der neu geschaffenen Gemäldegalerie ging für alle Beteiligten ein langgehegter Traum in Erfüllung. War man bisher auf Sonderausstellungen in zwei Räumen begrenzt, so zeigt die neue Gemäldegalerie nun auf 400 Quadratmetern einen repräsentativen Überblick. 90 Kunstwerke – überwiegend Gemälde, aber auch einige Plastiken und Möbel – bilden einen chronologisch gegliederten Parcours, der durch sieben Räume und vier Jahrhunderte führt. Moderne Ausstellungstechnik geht dabei eine spannende Liaison mit dem „genius loci“ ein, versuchten die Museumsmacher glücklicherweise nie, einen weißen Kubus zu schaffen, sondern reagierten sensibel und kreativ auf die vorhandenen, historischen Räumlichkeiten. Insgesamt, so Lörz, besitze das Landesmuseum für Siebenbürgen 23 000 Sachzeugnisse vom Mittelalter bis heute, darunter 400 Gemälde. „Wir wollen auch andere Bereiche abdecken, etwa Volkskunde und Alltagskultur“, beschreibt der Kurator die Tatsache, dass die Arbeit mit der Eröffnung der Gemäldegalerie nicht endet, sondern nur auf einen neuen Level weitergeht: Zum museumspädagogischen Arbeitsraum soll im Herbst ein neues Grafikkabinett kommen; zudem eine Schatzkammer für die Sammlung an Gold- und Silberschmiedearbeiten.

Die ältesten Werke der Galerie stammen aus dem Jahr 1749. Als nach den „Türkenkriegen“ Siebenbürgen wieder zu einem Teil des Habsburgerreichs wurde, entwickelten die lokalen Eliten ein gesteigertes Repräsentationsbedürfnis, das auch ihrem neuen Adelsstand Ausdruck verleihen sollte. Aus Patriziern wurde der neue Beamtenadel, gut ablesbar an den beiden Standesporträts von Anna Maria Conrad von Heydendorff sowie ihrem Mann Daniel. Bürgerliche Standestracht und Adelswappen belegen, dass die erste Generation es schnell verstand, zweigleisig zu agieren. „40 Jahre später lassen sich die Enkel in Wien entsprechend der Zeitmode mit Puderperücke porträtieren“, erklärt der Experte. 
 

Siebenbürgisches Museum

Als eine ganz wichtige Aufsteiger-Persönlichkeit erscheint hier Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803), der unter Maria Theresia die Siebenbürgische Hofkanzlei in Wien leitet und als Gubernator Siebenbürgens in Hermannstadt ein Palais mit Räumen für seine exzellente Kunstsammlung errichtet. Eine zudem geschaffene Zeichenlehrerstelle am Herrmannstädter Gymnasium entwickelt sich zu einer weiteren Brunnenstube für die spätere Siebenbürger Malerei. Während des 19. Jahrhunderts dominieren vielfach eingewanderte Maler wie der Wiener Theodor Sockl, der die Malerin Clara Adelheid Sock heiratet – seine einstige Schülerin. Die nächste Schülergeneration lernt der Galeriebesucher in der gut bestückten Abteilung zur Klassischen Moderne kennen. Namen wie Friedrich Miess und Arthur Coulin kennt hier eher niemand. Doch beide zog es zum Studium nach München, Berlin oder Wien. „Viele zählten zwar nicht zur Avantgarde, aber sie brachten Siebenbürgen auf die Höhe einer in Deutschland bereits arrivierten, zeitgenössischen Kunst“, kommentiert Lörz. Besonders der naturalistische Leibl-Kreis war beliebt. Später locken die Münchener Bohème und Paris, expressiv und abstrakt befreiten sich auch Siebenbürger Künstlerinnen von allerlei alten Zöpfen.

Siebenbürgisches Museum

Mit der Zäsur der NS-Zeit beginnt der letzte Ausstellungsbereich, der bis heute reicht. Dem Blut-und-Boden-Klassizismus der Nazis folgte der Sozialistische Realismus. Die stalinistische Verschleppung Tausender Siebenbürger zur Zwangsarbeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs taucht thematisch vielfach erst nach der Auswanderung der Künstler nach Deutschland auf. Etwa beim Bildhauer Peter Jacobi, der an der Pforzheimer Hochschule lehrte. Die Werke von Sieglinde Bottesch, Katharina Zipser, Edith Gross oder Susanne Schunn und vieler anderer gilt es hier ebenfalls zu entdecken. Tatsächlich erwarten den Besucher viele neue Einblicke – bisweilen gar ein völlig neuer Kosmos. Wobei einige Vorzeichen durchaus dem europäischen Zeitgeist entsprungen sind. Monte Verità und Surrealismus lassen grüßen.

Siebenbürgisches Museum

Info: Das Siebenbürgische Museum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

BUZ: Sieben Jahre musste Markus Lörz auf die Eröffnung der neuen Gemäldegalerie im Siebenbürgischen Museum auf Schloss Horneck hinarbeiten. Der Rundgang zeigt: es hat sich gelohnt.

Text und Fotos: Peter Lahr